Südfrankreich 2008
Ardeche/Gard

Zeitraum: 01.- 08.03.2008

Teilnehmer:
Michael Fleischmann, Klaus Gross, Frank Schlöffel

Da waren es nur noch drei!
Völlig verdutzt stehen wir am Morgen des 1.3 gegen 6 Uhr vor Steffens Haustür und finden dort einen Zettel auf welchem geschrieben steht, das ihn über Nacht die gefürchtete Grippe ereilt hätte und er somit keinesfalls mitfahren könnte.
Das, was ich also eine Woche lang befürchtet hatte (denn da war Betty todkrank gewesen), hatte sich nun in allerletzter Sekunde ereignet. Das Leben kann manchmal wirklich grausam sein, denn Steffen hatte sich doch so auf Frankreich gefreut...
Schwer beladen starten wir also zu dritt während uns Dauerregen, begleitet von schweren Sturmböen nach Westen peitscht und unsere Höchstgeschwindigkeit anfangs auf teilweise 60 km drosselt.
1000 km sind es bis zu unserem Ziel, dem kleinen Ort St. Jean de Maruejols, wenige Kilometer südlich von Barjac.
Im Rheintal schaut die Welt schon etwas freundlicher aus, Regen und Sturm lassen allmählich nach, parallel zum Luftdruck steigt die Stimmung und unsere Geschwindigkeit.
Nach einem kleinen Umweg über die Schweizer Grenze, verursacht durch unser pausenloses Gequatsche, haben wir schließlich Frankreich erreicht. Besancon, Dijon und Macon haben wir auch bald hinter uns gelassen und nachdem wir Lyon erfolgreich passiert haben kann uns eigentlich nichts mehr aufhalten. Nochmals etwa 170 km nach Süden gefahren, verlassen wir die Autoroute du Soleil südlich von Montelimar und treffen nach alles in allem 11 Stunden Fahrt an unserem Ziel ein.



Ziel erreicht! (Foto: Frank Schlöffel)

Unser Häuschen, direkt am Ortsrand von St. Jean de Maruejols ist schnell ausgemacht und die Vermieterin, eine nette Gärtnereibesitzerin empfängt uns mit einem Fläschchen Rotwein und einer Wurstspezialität aus der Region – Frankreich eben!
Schon bald haben wir uns häuslich eingerichtet und die Planungen für den nächsten Tag können beginnen. Das Reseau du Traves (Aven de Traves, Trou de Monclus) soll es sein, eine zwar lange aber eher horizontale Höhle um die müden Knochen sehr vorsichtig wieder an Bewegungen zu gewöhnen.


1 Tag:

Reseau du Traves
Bei besten und fast schon zu warmen Wetter (knapp20 Grad) steigen wir gegen 10 Uhr 30 in die erste Höhle ein.
Über einen 14m Einstiegsschacht wird bereits die erste schön versinterte Halle erreicht, wo sich die Höhle auch schon in mehrere Reseaus aufteilt.
Wir haben uns für den Meandre Sud entschieden (einem Parallelgang zum Reseau Sportif, welches sehr viel Seil benötigt hätte), den wir relativ gelassen verfolgen bis wir auf den grossen Schacht P.18 treffen.



Reseau du Traves (Foto: Klaus Gross)



Reseau du Traves (Foto: Klaus Gross)

Am Schachtgrund werden großräumige und reich versinterte Gangpassagen erreicht, die jedoch einen entscheidenden Nachteil haben: sie sind in weiten Bereichen sehr lehmig!
Staunend und behutsamen Schrittes, lediglich unterbrochen von Micha‘s 5- Sekunden- Fototakt geht es über den Salle des Repas und die Galeries Inferieures bis in den Salle des Tombeaux.



Reseau du Traves (Foto: Frank Schlöffel)


Reseau du Traves (Foto: Frank Schlöffel)

Auf dem Rückweg werden noch einige Seitenteile erkundet, auch dabei werden wiederholt Ausrufe der Begeisterung ausgestoßen und gegen 18 Uhr sind wir wieder am Einstieg.
Trotz des vielen Lehms, welcher nach der Tour eine gründliche Reinigung der Ausrüstung erfordert eine sehr ansprechende und schöne Höhle, mit sehr viel Sinterschmuck.
Am späten Abend laufen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Tag an, nämlich für die Befahrung des Aven Bunis.


2 Tag:

Aven Bunis
Bei etwas gesunkenen Temperaturen, aber nach wie vor besten Wetter geht’s gegen 11 Uhr 30 in den Aven Bunis.
Die Höhle soll nach unseren Unterlagen eine der schönsten der Region sein (in den hinteren Teilen), bis dahin wäre aber eine etwa 100m lange Engstreckenzone zu bezwingen, die teilweise erst durch Sprengungen zugänglich gemacht worden war. Wer weiß, was Franzosen unter Engstellen verstehen, wie klein und wendig die Leute oft sind, der weiß auch: das könnte für uns eine ganz harte Nuss werden!

Schon am Grund der kleinen Eingangshalle sucht man etwas ungläubig den richtigen Weg, denn der winzige Schluf im linken Wandbereich schaut garnicht einladend aus. Doch tatsächlich, da geht’s rein und nach den ersten engen 10m erreicht man wieder einen kleinen Raum, der reich geschmückt ist.



Aven Bunis (Foto: Michael Fleischmann)



Aven Bunis (Foto: Klaus Gross)

Doch schon bald wird’s wieder eng und an einem Fixseil wird ein Blindschacht gequert. Auf der anderen Schachtseite stehen wir vor der ersten richtigen Härteprüfung, eine durch Sprengung erweiterte kompakte Felsröhre, den vielen Karbidflecken nach eindeutig der Weiterweg.
Mit viel Gequetsche und ohne Schachtzeug kommen wir da tatsächlich durch und suchen in den anschließenden engen Spalten und kleinen Kammern verzweifelt nach dem Weiterweg. Doch irgendwann ist klar, Sackgasse!
Nun heißt es wieder durch die Engstelle und es stellt sich schnell heraus, das diese auf dem Rückweg ungleich schwieriger ist als reinwärts. Micha strampelt sich mit viel Körpereinsatz gerade so hindurch, doch bei Klaus und mir will das einfach nicht klappen. Letztlich muß man eingestehen, dass wir ohne die Hilfe des von außen am Arm ziehenden Michas scheinbar nicht mehr hindurchgekommen wären (gut, wenn wir noch eine halbe Stunde rumprobiert hätten wahrscheinlich schon irgendwie, aber so haben wir uns die Zeit halt gespart).
Und alsbald ist auch der richtige Weg gefunden: am Ende einer engen Kluftspalte blicken wir in eine böse Doppelengstelle, welche uns schon aus der Beschreibung als selektive Engstelle in bester Erinnerung ist.
Da ich der „Breiteste“ von uns dreien bin, darf ich als erster mein Glück versuchen, doch schon bald wird klar, das meine Schultern dort nie und nimmer durchpassen.



Aven Bunis (Foto: Klaus Gross)



Aven Bunis (Foto: Michael Fleischmann)

Klaus will es dann aber doch noch wissen und schafft es tatsächlich durch beide Engstellen hindurch und berichtet von weiteren engen Passagen die sich anschließen würden.
Zwangsläufig brechen wir an dieser Stelle die Befahrung ab. Da der Tag noch jung ist und wir voller Tatendrang, wenden wir uns direkt einer anderen nahegelegenen Höhle zu deren Einstiegsschacht rasch gefunden ist, dem Aven du Barry.

Aven du Barry
Der Einstiegsschacht schaut schon sehr einladend aus.
Er ist nur 12m tief und der anschließende kurze Gang, in welchem sich sehr viele grosse Knochen finden, bringt uns zu einem grossräumigen 18m Schacht.



Aven du Barry (Foto: Klaus Gross)



Aven du Barry (Foto: Klaus Gross)

Am Schachtgrund sind wir angenehm überrascht, denn ein breiter Tunnel mit ponorartigen Charakter (sehr viel Einschwemmmaterial und viele große Knochen) verheißt weitere Fortsetzungen. Leider endet der Tunnel in beiden Richtungen schon bald verschwemmt. Doch über einen 4m- Sinterfallaufstieg erreichen wir zunächst kleinräumige und lehmige Fortsetzungen, bis sich über unseren Köpfen überraschend schwarze Räumlichkeiten auftun.
Es handelt sich um mehrere grossräumige Hallen, die sich unmittelbar aneinander reihen, die schön versintert sind nur leider auch mit etwas lehmigen Untergrund.
Die Befahrung hat sich gelohnt und den Tag doch noch gerettet!

Am Abend wird nicht nur der Aven de Noel für den kommenden Mittwoch klar gemacht, auch unser unbeliebter 4. Mitbewohner, eine kleine Maus welche sich scheinbar bereits während unseres Einzugs ins Haus geschlichen hatte, kann von Micha zur Strecke gebracht werden.
Für den kommenden Tag drängt sich uns die Befahrung des Aven de la Salamandre auf, eine Höhle die ich bereits von unserem ersten Ardecheurlaub im Jahr 2001 kenne.


3 Tag:

Aven Bunis Bei auffrischenden Wind und sinkenden Temperaturen folgen wir dem heute etwa 2m breiten Wanderweg zum Einstiegsschacht. Damals war’s noch ein kleiner Steig über Stock und Stein der die wenigen tollkühnen Höhlenforscher zum Schacht leitete.
Auch am Einstieg hat der aufgekommene Höhlentourismus seine Spuren hinterlassen. Wo vor 7 Jahren nur eine Abseilstrecke mit alten Spits ausgebaut war, glänzen heute zwei metallisch blanke Haken – Highways.



Aven de la Salamandre (Foto: Michael Fleischmann)


Aven de la Salamandre (Foto: Michael Fleischmann)

Der Aven de la Salamandre ist und bleibt einer der grossen Klassiker der Region. Nicht nur der 47m tiefe Schacht, der über weite Strecken freies Abseilen in der 120m durchmessenden Riesenhalle erlaubt, sondern auch der phantastische Sinterschmuck mit den riesigen Säulen wird das Auge jeden Höhlenforschers erfreuen.
Obwohl es keine grösseren Fortsetzungen in der Halle gibt, wird die Befahrung in der Regel mehrere Stunden in Anspruch nehmen, denn es gibt einfach zu viel zu sehen und zu fotografieren.



Aven de la Salamandre (Foto: Frank Schlöffel)


Aven de la Salamandre (Foto: Klaus Gross)



Aven de la Salamandre (Foto: Klaus Gross)



Aven de la Salamandre (Foto: Frank Schlöffel)

So verbringen auch wir insgesamt 6 Stunden in der Höhle und als wir gegen 16 Uhr 30 wieder aussteigen setzt der gefürchtete Mistral ein.
Am Abend laufen die Vorbereitungen für den Aven de Noel an und der Mistral steigert sich an der Nacht zum Orkan – schlechte Vorzeichen?


4 Tag:

Aven de Noel
Bereits um 6 Uhr 30 heißt es an diesem Morgen aufstehen, denn wir sind schon um 9 Uhr mit Hans verabredet, der für die Genehmigung einer Befahrung der Höhle zuständig ist.
Die stürmische „Überfahrt“ nach Bidon, auf die Nordseite der Ardeche dauert eine knappe Stunde.
Bei Hans angekommen, werden wir zunächst mit allen notwendigen Informationen über die Höhle und den Einbau versorgt, er gibt uns Tips welche Bereiche wir unbedingt anzuschauen hätten und auf was zu achten wäre. Nach etwa 45 Minuten sind alle Formalitäten erledigt und Hans begleitet uns zum Einstieg.
Ausdrücklich werden wir darauf hingewiesen, das Karbidlampen in der Höhle verboten sind und das wir nach der Befahrung, egal zu welcher Uhrzeit wieder bei ihm vorbeikommen müßten um uns abzumelden, unsere Eindrücke wiederzugeben und noch eine kleinen Fragebogen auszufüllen hätten.

Um 10 Uhr 23 geht’s los.
Zunächst haben wir eine ca. 120m tiefe Einstiegsschachtzone vor uns, in der wir 180m Seil einzubauen haben. Das hört sich etwas schlimmer an als es tatsächlich ist: da überall neue Haken vorhanden sind, die noch dazu deutlich sichtbar angebracht wurden spart man sich die Sucherei nach den Spits und das ganze Rumgeschraube. Stattdessen: Karabiner einhängen, Knoten und ab! Die oberen Schachtbereiche sind eher engräumig, von fränkischen Format, erst im grossen P.90, dem Puits Jean- Michel ändert sich das Bild. Auf den letzten 50m wird der Schacht sehr großräumig und ist hier fast durchwegs freihängend befahrbar.
Zügig geht es für uns drei daher hinunter in die sog. Galerie Principale.

Hier beginnt für uns das grosse Wandern, Staunen und Fotografieren.



Im Wunderland des Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)



Im Wunderland des Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)

Durch beinahe die komplette untere Etage, die mehrere Kilometer lang ist und aus der Galerie Principale, der Galerie Blanche, der Galerie de la Grande Coulee, der Galerie Superieure und dem Meandre des Chauves- Souris besteht, ist ein sehr dezenter Weg ausgelegt, den es nicht zu verlassen gilt.
Erfreulicher weise scheinen sich alle Besucher daran zu halten.



Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)



Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)

Zerstörungen am Sinterschmuck, Verschmutzungen und ähnliches sucht man vergeblich, stattdessen beeindruckt die absolute Unberührtheit, auch kleinster fragiler Formen direkt am Wegesrand. Sogar die Sedimente sind beidseitig des Weges fast durchwegs in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.
Man wandert in überwiegend grossräumigen Tunneln, fast auf einem Niveau bleibend, durch eine Märchenwelt.



Aven de Noel (Foto: Frank Schlöffel)


Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)

Nur zweimal sind kurze Aufstiege an Fixseilen nötig. Besonders beeindruckend sind die grossen, alten und vollkommen trockenen Sinterbecken, deren Ränder bis zu 2m Höhe erreichen und die oft etwas mühevoll überklettert werden müssen.
Man könnte hier wahrscheinlich Tage verbringen, bis man auch das letzte Juwel registriert und auf Foto verbannt hat.



Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)



Aven de Noel (Foto: Klaus Gross)

Insgesamt bleibt festzuhalten, das es eine herrliche Höhle ist, die sicherlich zu den schönsten gehört, die ich bisher gesehen habe.
Wies sagte Hans so schön vor der Tour: „wer einmal hier war kommt wieder!“

Nach all der Freude über die Höhle steht beim Ausstieg der Ausbau der Schachtzone auf dem Programm, was relativ reibungslos über die Bühne geht. Nur ein widerspenstiger Karabiner leistet 20 Minuten lang verbissen Widerstand, bis er sich schließlich doch zum Öffnen erbarmt...
Um 22 Uhr 30 sind wir wieder draussen und immer noch tobt der eisige Sturm mit weit über 100 Stundenkilometer.

Dann geht es wieder zu Hans, Bericht erstatten und Fragebogen ausfüllen, bis wir schließlich gegen 1 Uhr im Haus eintreffen.


5 Tag:

Aven des Grenades
Heute steht mit dem Aven des Grenades eine kleinere Höhle auf dem Programm.
Kleine Höhle - kleiner Einstiegsschacht P.6 welcher uns in eine grössere Halle mit mehreren Fortsetzungen führt, unter anderem einem weiteren P.15 mit kleinräumiger, tiefer liegender Etage.



Im Aven des Grenades (Foto: Frank Schlöffel)


Im Aven des Grenades (Foto: Frank Schlöffel)

Auch die kleinen Höhlen sind im Gard fein, vielleicht sogar gerade die, weil sie bestimmt nicht so oft von grossen Gruppen besucht werden.
So wird auch hier munter geknipst bis der Blitz durchgeschmort (Tatsache!), die Speicherkarte voll oder der Akku leer ist...
Und der Sturm läßt im Tagesverlauf auch so langsam nach.


6 Tag:

Aven de la Cocaliere
Durch ein Mißgeschick im Aven de Noel, bei welchem ich mir das Knie ordentlich geprellt hatte, habe ich am letzten Tag doch einige Beschwerden und muß somit pausieren.
Micha und Klaus entscheiden sich spontan für den Aven de la Cocaliere, jener grossen und interessanten Horizontalhöhle, die sich über mehrere Kilometer problemlos verfolgen läßt. Diese hatten wir bereits bei unserem Urlaub 2002 kennengelernt.



In der Cocaliere (Foto: Klaus Gross)



In der Cocaliere (Foto: Klaus Gross)

Die mehrstündige Durchwanderung ist, so vermute ich zumindest, ein schöner Abschluß eines sehr gelungenen Höhlenurlaubs gewesen.
Alles war gut, außer der Mistral!


7 Tag:

Abreise
Morgens gegen 9 Uhr 30 verlassen wir das Gard und treffen gegen 19 Uhr 30 wieder in Nürnberg ein.

Autor: Frank Schlöffel