Südfrankreich 2009
Ardeche/Gard

Zeitraum: 14.- 21.03.2009

Teilnehmer:
Noreen, Dirk, Michael Fleischmann, Frank Schlöffel

Die Zahl der Teilnehmer, war auch in diesem Jahr kurz vor der Abfahrt geschrumpft: aus 5 mach 4, oder - nun hatte es also den ersten erwischt, das erste prominente Höhlenopfer der Weltwirtschafskrise war zu beklagen, die damit tatsächlich auch die Höhlenforschung und noch viel schlimmer, „Guano“ erfaßt hatte... Namen werden selbstverständlich nicht genannt.
Wo soll das enden, wenn in den Haushalten das Geld für die neue Höhlenausrüstung fehlt, Vereine und Verbände zahlungsunfähig werden und der Staat nicht mit den dringend erforderlichen Bürgschaften und Finanzspritzen einspringt?
Auch Abwrackprämien auf 9 Jahre alte Stops, könnten hier Abhilfe schaffen.
Sollte die nötigen Impulse jedoch ausbleiben, sehe ich schwere Zeiten auf die Höhlenforschung zukommen. “Rien na va plus!“ würde der Franzose wohl dazu sagen...
So waren es letztlich nur 4 typisch fränkische, anfangs „bierbäuchige“, später baguettebäuchige aber auch tapfere Höhlenfreunde, die es sich noch leisten konnten, dem Lockruf der Ardeche nicht zu widerstehen. Eine sehr gute und gleichzeitig günstige Unterkunft, bestes Wetter und phantastische Höhlen sorgten für unvergeßliche Eindrücke.

Aven du Deves de Reynaud

Der Aven du Deves de Reynaud besticht durch seinen wirklich schönen und 40m tiefen Einstiegsschacht. Micha und ich, bereits einen Tag vor Dirk und Noreen angekommen, nutzten die Gelegenheit unsere Stops für die kommenden Tage auf Betriebstemperatur zu bringen und seilten mutig in die grosse Halle hinab.



Aven du Deves de Reynaud (Foto: Frank Schlöffel)


Aven du Deves de Reynaud (Foto: Frank Schlöffel)

Ein unmittelbar anschließender, etwa 13m tiefer Schacht brachte uns schon nach wenigen Metern zum momentanen Endpunkt, einer interessanten, da spürbar bewetterten Grabungsstelle einheimischer Höfos.
Da auch die Nebenräume der großen Halle keine nennenswerten Fortsetzungen zeigten, war die Befahrung nach einigen Fotos der eher spärlichen Sinterbildungen relativ schnell für uns beendet.

Aven de Noel

Nach den üblichen Formalitäten bei Hans ging am nächsten Morgen zu viert zum Einstieg, welcher Micha und mir noch von unserer Tour im letzten Jahr in bester Erinnerung war.
Wieder war die 120m tiefe Schachtzone zu bezwingen, für Noreen der berühmte „Sprung ins kalte Wasser“, denn es war ihr erster größerer Schachteinsatz.
Doch nach kurzer Einweisung und den ersten erfolgreichen Umsteigestellen schien es, als hätte sie bisher nie etwas anderes gemacht!



Rumgegammel am Einstieg (Foto: Dirk)



Galerie Principale (Foto: Dirk)

Hingegen sollte sich die Besichtigungstour der Hauptgänge diesmal zu einem wahren Geduldsspiel entwickeln denn Dirk‘s neue Spiegelreflexkamera, ein unfaßbar kompliziertes Wunderwerk der modernen Höhlenfotografie feierte mehr oder weniger Ihren Einstand und forderte dem Fotografen, den Blitzknechten, unserem Model, aber auch denen die nur zum Warten verdammt waren, alles ab.



Haupgang im Aven de Noel (Foto: Dirk)



Haupgang im Aven de Noel (Foto: Dirk)

Zwangsweise beschränkte sich die 12 stündige Befahrung auf die Galerie Principale, die Galerie Blanche und die Galerie Superieure.
Gegen 22 Uhr 30 waren wir wieder glücklich draußen, füllten bei Hans noch den Fragebogen aus und vereinbarten für den übernächsten Tag die Befahrung der Grotte de Saint Marcel.

Grotte Nouvelle de Vallon

Über die Grotte Nouvelle finden sich beim googeln eine ganze Reihe von Hinweisen, Berichten usw. was eine Befahrung interessant erscheinen läßt, besonders da durch den Namen der Eindruck entsteht, man habe hier eine relativ „neue“ Höhle vor sich. Davon ließen wir uns etwas beeinflussen, was im Nachhinein, aus meiner Sicht ein Fehler war.
Schon am kleinen Einstiegsloch geht es über in den Fels gehauene Stufen hinab, in die erste kleine Halle. Rasch folgt ein P.32, geschmückt nicht etwa mit Sinter, sondern den stählernen Resten einer verfallenen Steiganlage. Dieser Schacht mündet in eine großen Halle ein, die zwar zahlreiche und auch große Sinterfälle und Säulen zu bieten hat, deren Anblick allerdings kaum Freude bereitet. Praktisch alles ist beschädigt, verlehmt und wenn ausnahmsweise nicht, dann trübt der überall vorhandenen, schwarze Manganüberzug das Bild.
Zügig geht es daher weiter zum zweiten Schacht, einer 25m tiefen und eher engen Kluftspalte. Unten gibt es noch 2 Räume, mit kurzen Seitenteilen die sie schließlich in einer engen Spalte verlieren...nichts, was die Welt gesehen haben muß!
Und doch erstaunlich: ins rechte Licht gerückt, schafft es ein guter Höhlenfotograf, Wasser in Gold zu verwandeln, was doch eigentlich nur Rübezahl gelingt!



Am Einstieg (Foto: Dirk)



Wasser in Gold verwandelt (Rübezahl) (Foto: Dirk)

Grotte de St. Marcel

Die Grotte de St. Marcel ist über 53 km lang und teilt sich in mehrere, sehr unterschiedliche Reseaus auf, die vermutlich alle ihren Reiz haben dürften. Jedoch sind nicht alle Reseaus im Rahmen einer touristischen Befahrung überhaupt zugänglich. So gibt es beispielsweise hochaktive Galerien gewürzt mit zahlreichen Syphonstrecken, die in erster Linie den tauchenden Forschern vorbehalten sind, oder auch schachtreiche Passagen die aufwendige Seileinbauten verlangen und eine gute Kenntnis der Örtlichkeiten voraussetzen.
Eine sorgfältige Tourenplanung ist daher zwangsweise erforderlich und in der Regel wird man sich bei einer Erstbefahrung, wie auch in unserem Fall, für eines der „einfach“ zugänglichen Reseaus entscheiden.
Das Reseau 1, der Klassiker sollte es daher sein, ein Reseau das geprägt ist durch scheinbar endlose, riesige Tunnel und sich im tagfernsten Bereich, der sog. Galerie Rouge und Blanche in etwas kleinräumigeren, aber äußerst ansprechend versinterten Gängen ausläuft.
Kilometerlanges Laufen würde uns wohl erwarten und nur wenig Seil würde zum Einsatz kommen...
Über den Entree naturelle betritt man die Höhle und schon nach wenigen Metern rennt man durch einen etwa 15m breiten und recht schmucklosen Lehmtunnel, etwa 700m weit, um nach einigen Aufstiegen über Sinterfälle, Leitern und die alten Steiganlagen des früheren Führungsweges den Schauhöhlenteil zu erreichen.
Weiter geht es auf nun asphaltierten und stets ansteigenden Weg durch die gewaltige Cathedrale, an einigen Wasserbecken (les Gours) vorbei, bis der asphaltierte Weg Richtung Entree touristique abzweigt, wo man den Schauhöhlenteil verläßt und weiter dem Tunnel nach Nordwesten folgt.
Nach weiteren 1,5 Kilometern, ab Schauhöhlenteil, hat man in dem durchwegs 15-20m breiten Tunnel, über le Theatre, die Galerie des Boas und die Chapelle Gothique die sog. Grande Barriere erreicht, wo der Zugang zum Reseau 4 abzweigt. Der Tunnel besticht bis hierhin weniger durch reichhaltige oder besonders schöne Sinterformen, sondern vorallem durch das oft wunderschöne Wabenmuster im Decken- und Wandbereich, also den alten Fließfacetten.



Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)


Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)

Ab der Grande Barriere dreht der Gang, bei durchschnittlich nur noch 10m Breite auf NO- Richtung. Über le Lac, der unvermeidbar nasse Füße verursacht und den Salle des Repas gelangt man nach 400m zu einem ersten Schachtabstieg P. 10, der Seil und Schachtzeug erfordert.



Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)


Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)

Viele touristische Befahrungen scheinen hier zu enden, denn ab diesem P. 10 zeigt der Hauptgang deutlich weniger Verschmutzungen und Zerstörungen.



Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)


Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)

Weiter geht es über die Chaussee des Geants, bis sich der Gang gabelt: Geradeaus erreicht man nach etwa 80m die Chatiere des Sables, wo aufwendig nach Fortsetzungen gegraben wurde (oder wird?) und zurückgelassenes Grabungsgerät und Biwakmaterial (mit allem Negativen was dazu gehört..) einen sehr traurigen Anblick bieten.
Der Hauptgang, zunehmend kleinräumig dreht ab der Gabelung wieder auf NW- Kurs und nach etwa 200m steht man an den Puits Tonio, die zwei Seilaufstiege von 8 und 12m bereithalten. Wenn hier kein Fixseil hängt, heißt es umkehren.
Ist man den 12er aufgestiegen, kann man seitlich, über eine „Schachtqerung“ die Galerie Superieure mitnehmen. Relativ flach, aber herrlich geschmückt läßt sich der Gang etwa 60m verfolgen, um in einer kleinen Exzentriques -Kammer zu enden.
Der zweite Aufstieg, E.8, mit anspruchsvoller Umsteigestelle ermöglicht den Zugang zur Galerie Rouge:
der herrliche Gang, mißt durchschnittlich 3 x 4m, ist reich mit Sinter geschmückt und zeigt auch, die schon aus dem Aven de Noel bekannten alten und hohen Sinterbecken.



Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)



Grotte de St. Marcel (Foto: Dirk)

Doch nach etwa 200m, an einem großen Sinterfall, erreicht man eine etwa 30m lange und aufwendig erweiterte Engstellenzone die nur den allerkleinsten und schmalsten Höhlenfreunden den Zugang in die hinteren Bereiche der Galerie Rouge und damit auch in die Gallerie Blanche ermöglicht.
So mußten wir hier leider umkehren, machten auf dem Rückweg zahlreiche und leider auch wieder zeitintensive Fotos, bis einigen von uns, gegen Mitternacht die Augen zu zuklappen drohten. Rübezahl hatte ein Einsehen und nach insgesamt 14 Stunden, waren wir gegen 1 Uhr, mit Blei in den Beinen endlich wieder draußen und um etwa 2 Uhr 30 im Bett.

Grotte des Deux- Avens

Am „Pausentag“ tourten Dirk und Noreen gemütlich durch das Ardeche- Tal und besichtigten auch die Schauhöhle Aven D’Orgnac.
Micha und ich starteten gegen Mittag zur Grotte des Deux- Avens, einer kleineren Höhle, welche mehrere 10-20m tiefe Schachteinstiege zu einem etwa 250m langen und geräumigen Hauptgang aufweist.



Hauptgang Grotte des Deux- Avens (Foto: Frank Schlöffel)



Hauptgang Grotte des Deux- Avens (Foto: Frank Schlöffel)

Obwohl diese Höhle gelegentlich oder sogar öfters, kommerziell geführt wird, was auch durch die teilweise vorhandenen Fixeinbauten bestätigt wird, eine überraschend saubere, schöne und unbeschädigte Höhle, der wir 2 Stunden unserer wertvollen Zeit schenkten.

Aven de la B.

Der Aven de la B. stand schon lange auf unserer Wunschliste, doch geklappt hatte es bisher nie und hätte Micha an diesem Tag, nicht von seinem Veto– Recht Gebrauch gemacht, wären wir auch diesmal woanders gelandet.
Doch so sollte es diesmal, an unserem letzten Tag zum großen Showdown kommen!
Der Aven de la B. ist keinesfalls einfach zu befahren, sondern verlangt, ganz im Gegenteil durch seine Kombination aus Engstellen und Schächten, Erfahrung und Übung, besonders dann, wenn der Schleifsack prall und schwer ist.
Der „lange und gleichzeitig muskulöse“ Höhlenfreund wird sich an der 6. Engstelle, der Schlüsselstelle vermutlich sehr schwer tun, denn diese hält zwei 90 Grad- Knicke parat.
Nach den etwas kleinräumigen Eingangsteilen und den bald folgenden, ersten Engstellen, wird ein 20m – Schacht erreicht, der einige Seilabhängungen erfordert.



Einstieg und Schlufpassage (Foto: Dirk)



Einstieg und Schlufpassage (Foto: Dirk)

Die erste große Halle am Schachtgrund, gibt bereits einen Vorgeschmack auf das, was noch folgen könnte: herrlicher Sinterschmuck, Exzentriques, Sinterbecken, das ganze fast unberührt, ein dezentes Absperrband macht’s möglich.



Aven de la B. (Foto: Dirk)



Aven de la B. (Foto: Dirk)

Doch es wird unmittelbar wieder eng: der Pfützenschluf lauert im rechten Wandbereich der Halle, durch kleine, aber reich geschmückte Kammern geht es weiter...
Wieder ist eine Engstelle eingelagert, dann nochmals ein Raum bevor die oben erwähnte 6. Engstelle zu bezwingen ist.
Unmittelbar danach folgt ein 8m- Schacht, der in den Grande Salle einmündet.
Die steil nach vorne abfallende Halle, hat besonders auf der rechten Seite reichhaltigen Sinterschmuck in allen Variationen zu bieten, der Untergrund ist leider recht lehmig.



Aven de la B. (Foto: Dirk)


Aven de la B. (Foto: Dirk)

Am linken hinteren Ende der Halle, wird über eine kurzen Seilaufstieg am Fixseil und einer anschließenden, etwas längeren Querung, der nächste größere Raum gewonnen, wo es jedoch am Seil sofort wieder 10m hinabgeht, bis auf eine große Plattform.
Unser geplanter Weiterweg, ein 40m- Aufstieg zur Galerie Superieure, war an diesem Tag leider nicht möglich, denn nach einem Hinweis im Eingangsbereich wäre das Fixseil beschädigt.
Leider reichten unsere mitgeführten Seile auch nicht, die beiden anderen Fortsetzungen, den Abstieg zum Salle du Lac und die 70m- Traverse des Puits du Lac zu untersuchen.
Somit war hier Schluß für uns, was aber keinesfalls Tränen verursachte, denn das, was wir bis zu diesem Punkt bereits gesehen hatten, war mehr als begeisternd.

So hieß es am nächsten Tag, nach einer phantastischen Höhlenwoche wieder einmal Abschied nehmen. Aber: nach der Tour ist bekanntlich immer auch vor der Tour und so wurden unmittelbar nach unserer Rückkehr schon die ersten Plätze für Ardeche 2010 reserviert!



Aven de la B. (Foto: Dirk)

Autor: Frank Schlöffel