Vercors 2006 - Sportif, sportif

Zeitraum: 15. - 22.07.2006
Teilnehmer: Steffi v. Schubert, Amadeus E., Frank Schlöffel, Michael Fleischmann, Steffen


Allgemeines

Das Vercors - unendliche Weiten in der Welt des Karstes. Dies sollte unser Ziel für diesen Speleo-Urlaub sein.

Das Vercors ist ein durch tiefe Flusstäler begrenzter Gebirgsstock im äußersten Westen der französischen Alpen. Aufgrund seiner Lage im Südwesten von Frankreich und der eingeschränkten Nutzbarkeit befindet sich dort eines der größten Naturschutzgebiete Frankreichs das Réserve Naturelle des Hauts-Plateaux du Vercors.
Geprägt ist dieses Gebiet von Gipfeln bis zu 2341m, Wäldern, Hochwiesen, Kalkplateaus und Steilhängen.



Landschaft im Vercors (Foto: Steffi v. Schubert)

Der Süden und Westen unterliegen mediterranem Klima und sind gekennzeichnet durch Hochebenen und hügeliges Bergland. In den Bergwäldern und Hochtälern des Nordens und Ostens herrscht ein rauheres, alpines Klima.
Das Massiv mit seinem hügeligen Hochtälern erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung und unterliegt einem ständigen Erosionsprozess. Herauszuheben sind hier die schroff aufragenden Riffkalke mit bis zu 300m steil abfallenden Klippen.



Landschaft im Vercors (Foto: Amadeus E.)

Ein Gebiet, im Südwesten von Frankreich, das die Herzen vieler Höhlenforscher höher schlagen lässt.


Samstag - Soweit die Reifen tragen

1000 km trennten uns von unserem Ziel - dem sagenumwogenen Vercors. Nach 9 Stunden Fahrt trafen wir im Basiscamp ein, einem kleinen alten Nebenort von Villard-de-Lans.

Ein Glücksgriff wie sich heraus stellte. Der Vermieter ein früherer Höhlencrack hatte Verständnis für das abendliche Chaos das eine Horde Höhlenforscher anrichten kann. Außerdem stellte er uns seine kompletten alten Unterlagen zur Verfügung.


Sonntag - Einfahren des Stops

Bereits am ersten Tag sollte das Vercors sein wahres Gesicht zeigen. Ein Eldorado für Mäander-Freaks. Hier gibt es anscheinend Mäanderhöhlen in Hülle und Fülle. Aber nicht die Enge der Mäander sondern der immense Materialbedarf in einigen Höhlen bremste unseren Tatendrang.
Auch das Gour Fumant mit einer Länge von 3200m und einer Tiefe von -163m zählt dazu.
Nach dem erfrischenden Eingangsbereich ging es über etliche Stufen bis in eine Tiefe von -100m.



Gour Fumant - Eingangsbereich
(Foto: Michael Fleischmann)

Erst hier, im mehr oder weniger horizontalen Bereich, wurde etwas fürs Auge geboten.



Gour Fumant - Etwas fürs Auge
(Foto: Michael Fleischmann)

Eine bereits eingebaute Seilquerung, gespickt mit Mantelbrüchen, bremste unseren Tatendrang. 4m unter uns nur noch Wasser und ein Blick in unsere Schleifsäcke verhieß nichts Gutes. Schreck lass nach - kein Material mehr! Nach mehrmaliger genauer Untersuchung der vorhandenen Einbauten entschlossen wir uns die Befahrung abzubrechen.
Keiner hatte Lust auf ein Bad mit ungewissem Ausgang.


Montag – Menue de Speleo

Der Klassiker, das Trou qui souffle entpuppte sich als extreme Materialschlacht. Schwer bepackt mit reichlich Material ging es zu einem der etlichen Einstiege in das über 40 km lange und ca. 650m tiefe Höhlensystem.



Trou qui souffle - Unscheinbarer Eingang
(Foto: Frank Schlöffel)

Sehr sportlich, ohne den geringsten Hinweis auf Sinterschmuck, ging es bis in eine Tiefe von -160m.



Trou qui souffle - Mäander, Mäander
(Foto: Frank Schlöffel)

Bis dorthin hatten wir bereits unser gesamtes Material, an die 50 Karabiner und Laschen und teilweise sogar Karabiner der persönlichen Ausrüstung, aufgebraucht. Der Vorteil einer solchen Mäanderhöhle ist eine blitzblanke Ausrüstung.

Ab -160m änderte sich leider der Charakter der Höhle und damit unser Aussehen: teilweise enge Mäanderpassagen, die immer schlammiger wurden führten uns noch bis auf -180m. Hier brachen wir an einem Schlamm-Wasser-Schluf ab und zogen uns Richtung Ausgang zurück.

Nach all der Mühe wurde den ausgehungerten Höfos ein ordentliches Speleo - Menü aufgetischt. Ein Leben wie Gott in Frankreich...!


Dienstag - It's showtime

Wie jeden Morgen, begann der Tag mit einem reichhaltigen Frühstück. Danach machten wir uns an ein dicht gedrängtes Programm.
An erster Stelle stand der Besuch der im Gorges de la Bourne gelegenen Grotte Choranche. Ein absolutes muss in dieser Region. Sinterschmuck wohin man auch schaut. Tausende, bis zu 3,20 m lange, schneeweiße Sinterröhrchen hängen dort an der Decke.



Grotte Choranche - Sinterpracht
(Foto: Michael Fleischmann)



Grotte Choranche - Sinterpracht
(Foto: Michael Fleischmann)

Geblendet von dieser Sinterpracht und der unerträglichen Hitze im Tal machten wir uns auf zum Eingang der nahe gelegenen Grotte de Gournier. Die Befahrung sollte am nächsten Tag auf dem Programm stehen. Nach kurzer Besichtigung des Eingangsbereichs, einem bedrohlichen See von ca. 40 m Länge, ging es weiter zu unserem nächsten Ziel, dem Eingang der Gouffre Berger. Die Höhle der Höhlen im Vercors. Sehr interessant, zumal einige von uns den Traum der Befahrung der Gouffre Berger im Jahr 2007 verwirklichen wollen.

Die Jungen und jung gebliebenen schnappten sich am Abend noch einige Seile und machten sich auf den Weg zum Scialet du Pot du Loup.



Scialet du Pot du Loup - Vorbereitungen
(Foto: Amadeus E.)

Über großräumige Schächte ging es bis auf -94 m hinab.



Scialet du Pot du Loup - Schachtstufe
(Foto: Amadeus E.)

Mittwoch - Eine Seefahrt die ist lustig

Früh ging es an diesem Tag los aber bereits am Parkplatz zeigte sich das die Grotte de Gournier eine viel besuchte Höhle ist. Bereits kurz nach Öffnung der Tore wimmelte es auf dem Parkplatz von Höfos und kommerziell geführten Großgruppen die das Ziel hatten die Grotte de Gournier zu befahren.

Unter prüfenden Blicken machten wir uns bereit. Vorbei an staunenden Höhlentouristen, die die Grotte Choranche besuchten, hetzten wir zum Eingang. Auch dort ging es zu wie auf dem Canale Grande in Venedig.
Eine Gruppe nach der anderen wurde über den ca. 40 m langen See gebracht. Dazu wurde ein reger Fährbetrieb von den Franzosen aufgebaut. Schnell machten wir unser winziges Schlauchboot zur Überfahrt bereit und die ersten beiden unserer Gruppe stachen freudig in See. Schnell das Boot zurückgezogen und schon folgte der Rest.



Grotte de Gournier - Bootsfahrt
(Foto: Michael Fleischmann)

Nach der Überfahrt, einer kleinen Kletterstufe und einer 20m Seilquerung empfing uns ein Riesengang von 20-30m Breite.

Nun war Laufen angesagt und das für einige von uns im schweißtreibenden PVC-Schlaz. Ein tödlicher Fehler, wie sich herausstellen sollte! Trotz schon bald herunter gestülpter PVC-Haut wurde der lange Marsch zu einer Tortur für die PVC-Träger.
Staunend wanderten wir an reichhaltigen Sinterschmuck und Sinterbeckenkaskaden vorbei. War das Wirklichkeit oder waren wir Opfer einer Fata Morgana? Wir werden es nie erfahren.



Grotte de Gournier - Sinterbecken
(Foto: Michael Fleischmann)

Weiter ging es und endlich gab es ein wenig Abwechslung. Seile und Karabiner kamen zum Einsatz.



Grotte de Gournier - Sportliche Abwechslung
(Foto: Frank Schlöffel)

Nach einigen Kletterpassagen begaben wir uns nach insgesamt etwa 3 km Wegstrecke mit heraushängenden Zungen auf den Rückweg.

Am Abend wurde noch ein kleiner Übungsparcours eingerichtet.



Campleben - Übung muss sein!
(Foto: Steffi v. Schubert)

Donnerstag - Trennungstag

In Anbetracht der Anstrengungen des vergangenen Tages und der geplanten Höhle teilte sich die Gruppe.
Diejenigen die vom Laufen noch immer heiße Sohlen hatten machten sich einen schönen Tag an der Oberfläche und genossen Landschaft und Sonne. Auch landschaftlich hat das Vercors einiges zu bieten. Alte Städtchen wie Pont en Royans laden mit ihren Cafes zum Verweilen ein, zumal die Temperaturen rekordverdächtig waren.



Pont en Royans (Foto: Frank Schlöffel)

Wilde Schluchten wie beispielsweise die Gorges de la Bourne prägen die Landschaft. Sehenswert sind auch die Goulets, insbesondere der obere Teil mit seinen Galerientunneln den Grands Goulets.



Gorges de la Bourne (Foto: Frank Schlöffel)

Die Anderen zog es, in Anbetracht des anhaltend guten Wetters, in die Grotte de Bournillon. Ein kurzer Fußmarsch, der aber bei Gluthitze zur Tortour werden kann, führte uns zum gewaltigen und größten Eingangsportal Europas. Wunderschön in einem Talkessel gelegen öffnet sich das Portal, mit einem kristallklaren See.



Grotte de Bournillon - Eingangsportal
(Foto: Frank Schlöffel)

Mit Seilsicherung querten wir vorbei an tiefen Strudeltöpfen den Eingangsbereich der Höhle. Dann war wieder Laufen angesagt. Sehr großräumig ging es weiter. Deutlich konnte man die Spuren der Wassermassen erkennen die bei Regen regelmäßig durch den Gang brechen. Keine Höhle für Regentage! Im hinteren Teil der Höhle zeigte sich reichlich Sinterschmuck, zum Teil pechschwarz.



Grotte de Bournillon - Sinterschmuck
(Foto: Amadeus E.)


Freitag - Schachtklassiker und Abendhöhlchen

Nichts für Weicheier. Die Scialet de Malaterre zeigte bereits am Einstieg ihre Zähne, bzw. ihren Schlund.
Nur Zwei von uns waren körperlich und geistig bereit für diese Höhle. Der Rest beobachtete das Spektakel des Schachteinbaus aus sicherer Entfernung.
Der spektakuläre Einstiegsschacht, über den eine Brücke führt, wurde zunächst sehr genau begutachtet. Ist eine Befahrung mit den uns zur Verfügung stehenden Seillängen überhaupt möglich? Und wie geht es hinab? Die Bezwinger hofften die übliche Route aus der Brückenmitte umgehen zu können. Leider gab es keine Möglichkeit. So wagten die beiden letztlich doch den Abstieg über die Brückenmitte.



Scialet de Malaterre - Abseilen von der Brücke
(Foto: Steffi v. Schubert)



Scialet de Malaterre - Im Einstiegsschacht
(Foto: Steffi v. Schubert)

Während sich die beiden Teufelskerle mutig in den Schlund stürzten machte der Rest unter der Führung des Grasshüpfer- Flüsterers einen Ausflug in die nähere Umgebung.



Bissiges Biest (Foto: Steffi v. Schubert)

Die Nimmersatten gönnten sich auf dem Rückweg noch eine kleine Höhle zum Abschluss. Die Scialet de la Fee Anglaise mit 3 etwa 25m tiefen Schächten wurde bis zum Endpunkt, einem tiefen, glasklaren See befahren.



Scialet de la Fee Anglaise (Foto: Michael Fleischmann)


Samstag - Richtung Heimat

Packen, durchkehren und ab ging es Richtung Heimat.



Letzte Handgriffe! (Foto: Steffi v. Schubert)


Autor: Steffen