Im andalusischen Karst

Zeitraum: 28.12.2003 bis 10.01.2004
Teilnehmer: Steffi v. Schubert, Frank Schlöffel



28.12.2003, 4 Uhr30 – die weite Reise kann beginnen! Ca. 2100 km mit dem Pkw liegen bis zu unserem ersten Ziel, Almeria vor uns. Unser Auto ist gut gefüllt, denn wir haben nicht nur die Badehose, sondern auch einen Grossteil unserer Höhlenausrüstung eingepackt.
Am ersten Tag fahren wir 14 Stunden und bei km 1400, nahe Barcelona finden wir eine kleine Unterkunft.
Am zweiten Tag fahren wir nochmals etwa 7 Stunden bis Almeria, meist unmittelbar entlang der Mittelmeerküste mit wunderschönen Ausblicken auf immer fremdartiger und bizarrer anmutenden Bergketten.
Unsere dicken Pullis haben wir schon während der Fahrt abgelegt, denn hier bei Almeria hat es um die 20 Grad und die Sonne lacht am Himmel. Nachdem wir dann auch eine passende Unterkunft gefunden haben, können wir uns dem ersten Karstgebiet widmen, dass wir auf unserer Rundreise durch Andalusien besuchen, dem Gipskarst von Sorbas.

Der Gipskarst von Sorbas:

Das etwa 12 Quadratkilometer grosse Gipskarstgebiet in dem bis heute über 1000 Höhlen registriert sind, liegt ca. 30 km nordöstlich von Almeria. Die zentralen Orte Sorbas und los Mollinos del Rio Aguas liegen in einer der trockensten und vegetationsärmsten Regionen unseres Kontinents, im Bereich der einzigen „Wüste" Europas, El Desierto.



Wanderung Gipskarst (Foto: Frank Schlöffel)



Die Gipswüste (Foto: Frank Schlöffel)

Zahlreiche, gut markierte Wanderwege leiten durch die einmalige Landschaft und vermitteln erste Eindrücke der Vielfalt dieses Karstgebietes: Dolinen, Schlucklöcher, Karrenfelder und Tumulis prägen das Bild der kristallinen Hochfläche entlang dem tief eingeschnittenen Tal des Rio Aguas.



Einer der vielen Schächte (Foto: Frank Schlöffel)


Oberflächliche Gipskristalle (Foto: Frank Schlöffel)

In den etwa 120m tiefen Schluchten des Rio Aguas finden sich am Fuss der markanten Gipsabbrüche zahlreiche Quellen, die die unteren Einstiege zu komplexen Höhlensystemen darstellen. Bis zu 120 m tiefe Schachtzonen durchziehen die mächtigen Gipsschichten die von dünnen Mergelschichten durchsetzt sind, viele der Höhlen weisen mehrere Einstiege auf.

Die Cueva del Agua ist mit über 8 km Gesamtganglänge nicht nur die längste Gipshöhle Spaniens sondern auch das grösste Karstsystem Andalusiens. Weitere grosse Höhlensysteme wie die Cueva del Tesoro, die Cueva del Yeso, die Covadura und die Cueva del Peral erreichen zwischen einem und über 4 km Gesamtlänge.



Quellhöhle (Foto: Frank Schlöffel)


Cueva del Yeso (Foto: Frank Schlöffel)

Die Galerien der Höhlen sind sehr abwechslungsreich: in den tiefen Bereichen dominieren aktive Passagen, bis in die mittleren Höhlenabschnitte haben phreatische Bedingungen das Erscheinungsbild geprägt und in den höheren Bereichen sind die Galerien vadosen Ursprungs, oft gekennzeichnet durch die Erosion der im Gips eingebetteten Mergelschichten und den daraus resultierenden Verbrüchen aus riesigen Gipsplatten und Blöcken.
Auch der Höhlenschmuck ist reichhaltig: Stalaktiten, hohle Stalagmiten, korallenartige Gebilde und „Gipsbälle" prägen das Bild der kristallinen Galerien.

Über ein, dem Höhlenclub Almeria angeschlossenes „Höhlen- und Karstzentrum" in der Nähe von Sorbas können viele der Höhlentouren mit Führer und Ausrüstungsstellung gebucht werden, dies ist aber leider sehr teuer. Die Preise schwanken zwischen 10 Euro für den 2 Stunden Touri- Trip und über 30 Euro für die 6 bis 8 Stunden Tour mit Schachtbefahrung (pro Kopf).
Viele der Höhlen kann man sich im Rahmen kleiner Wanderungen kostengünstiger selbst erarbeiten.

Wir verlassen den Gips und reisen an der Costa del Sol entlang Richtung Malaga, von dort aus etwa 40 km nördlich ins Landesinnere in die Region von Antequera. Unser Ziel ist der Parque Natural de el Torcal, ein Naturschutzgebiet, dass mit seinen beeindruckenden Karstformationen zu den reizvollsten Landschaften ganz Spaniens zählt.

50 km östlich von Malaga legen wir einen Zwischenstop ein um der Schauhöhle Cueva de Nerja einen Besuch abzustatten.
Der Trubel ist gross: Kioske, Restaurants, Andenkenshops - ein Hauch von Postonja weht durch Andalusien! Für 5 Euro darf man sich die Höhle selbst anschauen, ohne Führung. Riesige, reich versinterte Säle, treiben uns bei Temperaturen über 20 Grad den Schweiss auf die Stirn! Weiter geht's zum:

Parque Natural de el Torcal:

Je weiter man um diese Jahreszeit in Andalusien nach Westen reist, desto „grüner" wird es, da die Regenwahrscheinlichkeit deutlich zunimmt. Doch wir hatten während unserer 12 Tage in Andalusien das Glück, kaum ein Wölkchen am Himmel zu sehen!

Der Naturpark liegt etwa 15 km südlich von Antequera im Bereich der Sierra Pelada in Höhenlagen zwischen 900 und 1300m.
Dem Naturpark ist ein Museum angeschlossen, in dem die komplexe Geologie des Karstgebietes ausführlich dargestellt ist.



Im Parque Natural de el Torcal (Foto: Steffi v. Schubert)



Im Parque Natural de el Torcal (Foto: Steffi v. Schubert)

Zahlreiche Wanderwege führen durch eine wilde, stark zerklüftete Gebirgslandschaft, die ihr Erscheinungsbild vor allem der Erosion, den ganzjährigen heftigen Winden in Verbindung mit Regenfällen verdankt.

Es soll hier auch viele Höhlen geben. Jedoch lässt die sehr unübersichtliche Gebirgslandschaft die Hoffnung etwas durch Zufall zu finden, schnell schwinden.

Unsere Reise geht weiter nach Westen. Etwa 30 km westlich von Ronda erreichen wir die Sierra de Grazalema, das Karstgebiet Andalusiens!

Die Sierra de Grazalema:

Die kleinen Ortschaften Montejaque, Benaojan und Villaluenga del Rosario sind die zentralen Anlaufstellen für jeden Höhlenforscher. Hier hat nicht nur der andalusische Höhlenverband seinen Sitz, es gibt ein Höhlenmuseum eine Höhlenschule, zahlreiche Vereine und natürlich Höhlen!

Schon die Autofahrt durch die alpin wirkende Gebirgslandschaft vermittelt einem den Eindruck, dass der Verband hier vorbildliche Arbeit leistet: viele Schautafeln geben Auskunft zur Geologie und Höhlenentstehung oder weisen auf Höhlen hin. Der Verband legt scheinbar grossen Wert auf Aufklärung über den Umgang mit den Naturschätzen!

Ein erster Blick auf die Höhleneingänge verrät, dass man hier mit anderen, grösseren Dimensionen als wir sie bisher kannten, auch in der Höhle zu rechnen hat.



Sima Hundidero-Gato (Foto: Steffi v. Schubert)



Sima Hundidero-Gato (Foto: Frank Schlöffel)

Neben den riesigen Flusshöhlen, wie das Sima Hundidero-Gato, eine mehrere km lange Durchgangshöhle gibt es gewaltige Ponore die oft Tiefen von 300 bis 400m erreichen und in ihrer Raumausdehnung die grossen Ponore Sloweniens etwa um den Faktor 3 übertreffen.



Eingang zum Sima de Republicano
(Foto: Steffi v. Schubert)


56m- Schacht im Sima de Villaluenga
(Foto: Steffi v. Schubert)

Das Sima de Villaluenga, das Sima de Republicano und die Sima de Pozuelo 1-3, zählen zu dieser Kategorie von Ponorhöhlen, die wir aufgrund der sehr günstigen Witterung vollkommen trocken vorfanden. Die beeindruckenden Zulaufgräben, die die teilweise schwer erreichbaren Poljen durchziehen sind jedoch eine deutliche Warnung: wenn der Regen kommt, dann kommt er schnell und sündflutartig!
Eine der bekanntesten Schachthöhlen Spaniens ist sicherlich das Sima G.E.S.M ,das mit einer Gesamttiefe von um die 1100m etwa 20km östlich von Ronda liegt. Viele andere „gewöhnliche" Schächte erreichen Tiefen von 100 bis 400m.

Die Schauhöhle der Region, die Cueva de le Pileta ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Nichts deutet am Eingang auf eine Schauhöhle hin und nur wenige verirren sich hierher. In der 1,5 Std.- Führung, die mit kleinen Ölhandlampen erfolgt, bekommt man die Tierzeichnungen an den Felswänden, die aus unterschiedlichsten Epochen der Besiedlung stammen und bis etwa 20000 v. Chr. zurückreichen, ausführlich erklärt. Mal etwas ganz anderes!

Und damit war unser Urlaub auch schon zu Ende. Mit vielen positiven Eindrücken ging es nun 2400km zurück. Doch das war sicher nicht unser letzter Besuch, denn wo in Europa kann man im Januar bei solchem Wetter solche einmaligen Höhlen befahren, und das bitte ohne Unterschlaz – denn bei 18 bis 20 Grad Höhlentemperatur wird beim Schachtaufstieg auch im T-Shirt geschwitzt!

Autor:
Frank Schlöffel

Literatur:
Jose M. Calaforra, Jabier Les, 2003: EL KARST EN YESO DE SORBAS
Paul Courban, Claude Chabert, 1986: Atlas des Grandes cavites mondiales
Carlos Puch, 1999: Grandes Cuevas y simas de Espana