Tourenberichte "Brillenschacht" 2005 - 2006

Gebiet: Tennengebirge
Objekt: Brillenschacht 1511/7-4, 7-5

2005   Back


2006 Brillenschacht - Schnee und Eis

Datum: 16. und 17.6.2006
Teilnehmer: Amadeus E., Dirk, Steffen, Frank Schlöffel

Schon die erste Forschungstour 2006 sollte uns wieder in den Brillenschacht führen. Mit Mitte Juni waren wir sehr früh dran, noch früher als in den Vorjahren und so hatten wir noch mit reichlich alten Schneefeldern zu kämpfen. Das 3-er Team (Ama, Steffen, Frank), dass am 16.6 gegen 9 Uhr 30 einsteigt, beginnt unmittelbar mit der Vermessung ab Einstieg. Schon am Grund des 17m tiefen Einstiegsschachts zeigt sich, dass der lange Winter die Höhle noch fest im Griff hat: alles ist mit einer, mehr oder weniger starken, Eisschicht überzogen. Das starke Wasser tröpfeln nervt gewaltig, beim Zeichnen, beim Schachteinbau, aber auch an den bereits vom letzten Jahr vorhandenen Umsteigstellen. So steht uns eine eher unangenehme Tour bevor - jeder fröstelt und friert vor sich hin.



Am Einstieg


Brüchiger Schrägschacht zum Tagschlot

Zunächst kann unterhalb des Einstiegsschachts in die Hauptfortsetzung vermessen werden: über eine 5m -Stufe hinab, dann den gut mannshohen Gang entlang bis zum unerforschten Schacht, dessen Tiefe wir letztes Jahr auf mindestens 20m geschätzt hatten. Während Steffen und Ama den Schacht im Wechsel einbauen (wozu 5 Spits zu plazieren waren um dem starken Tropfwasserfall wenigstens halbwegs zu entgehen), hilft mir jeweils der andere bei der Vermessung einer Abzweigung unterhalb des Einstiegsschachts. Dort konnte bereits im letzten Jahr über einen kurzen niedrigen Gang und anschließendem stark verbrochenen Schacht bis zu einem Tagschlot vorgedrungen werden. Der Schachtgrund ist mehrere Meter dick schneebedeckt, ca. 20m über unseren Köpfen sehen wir den heute tiefblauen Himmel. In einer Seitennische können wir einen weiteren Schacht entdecken, der sich aber sofort als weitere Verbindung zum Hauptschacht entpuppt. Hier hören wir Ama, wie er soeben am Schachtgrund angekommen, uns von größeren und horizontalen Fortsetzungen berichtet.
Steffen und ich sind natürlich neugierig, so folgen wir Ama hinunter. Der Schacht ist exakt 25m tief, wegen der Geröllrampe am Einstieg sehr steinschlaggefährdet, so dass man ihn nur nacheinander befahren kann. Und tropfen tut er vor allem oben recht unangenehm...
Der großräumige horizontale Gang wird von uns erkundet, erst mal ohne Vermessung, denn wir sind sehr durchgefroren und brauchen Bewegung. Auch hier ist alles vereist, mögliche Abzweigungen nach oben sind unter diesen Verhältnissen überhaupt nicht erreichbar. So konzentrieren wir uns auf den Hauptgang, der deutlich an einer SO- fallenden Kluft angelegt ist. An einem engen, kräftig blasenden Schluf kehren wir um.

Am 17.7 wird das Team durch Dirk verstärkt, der am Vorabend aufgestiegen war. Während Steffen und ich zunächst zum Tagschlot gehen, diesen einbauen und aufmessen, steigen Ama und Dirk direkt wieder in den Brillenschacht ein um weiter zu forschen.



Tagschlot


Seitenteile im Tagschlotbereich

Nach Abschluß der Tagschlotaktion und einem anschließenden, kurzen und erwärmenden Sonnenbad folgen Steffen und ich den beiden anderen. Am Grund des Hauptschachts angekommen, setzen wir die Vermessung fort, wieder eine bitterkalte Aktion! Als wir fast wieder den Schluf erreicht haben, kommen uns Ama und Dirk entgegen und berichten, dass die Verbindung zum Schneeloch steht. Bravo!
Es handelt sich von Seiten des Schneelochs um eine Stelle oberhalb des Gigantentunnels, die bereits vor einem Jahr, also bei der ersten Forschungstour 2005 von Dirk aufgrund der kräftigen Bewetterung untersucht worden war. Damals haben Dirk und Mitstreiter also einige Bereiche des Brillenschachts bereits vom Schneeloch her untersuchen können...
Steffen und ich vermessen bis zu Schluf, während Ama und Dirk nochmals in der anschließenden engen Kluft, dem Frankenland verschwinden um dort eine Abzweigung zu untersuchen. Diese bringt sie weiter in die Tiefe...
Bei der ersten Forschungstour wurden unter ungünstigen Bedingungen etwa 180m vermessen und eine Tiefe von 67m erreicht. Schon bald geht's weiter!

Autor: Frank Schlöffel
Fotos: Markus Findeiß


2006 Brillenschacht - Zum tiefsten Punkt

Zeitraum: 25.06.2006
Teilnehmer: Dirk, Frank Schlöffel

Schon eine Woche später steht die erste Sondertour an, Dirk und ich haben uns dazu entschieden. An Sondertouren teil zunehmen ist bekanntlich nicht jedermanns Sache: diese sind in der Regel recht anstrengend, da An- und Abfahrt, Auf- und Abstieg und Forschung sich auf 2 Tage konzentrieren. Spontanität und unbedingter Forschungswille sind Grundvoraussetzungen um die für solche Touren vergebenen Bonuspunkte auf dem eigene Forschungskonto verbuchen zu können. Ein Forschungsbericht von Dirk:

„Am nächsten Tag geht es gegen 10 Uhr in den Brillenschacht. Vorsorglich mit Eispickel bewaffnet, der seinen Dienst sehr gut unter Beweis stellen sollte. Die verblockte Eissäule am Hauptschacht sieht mittlerweile sehr gruselig aus und der dahinter angesammelte Schotter auch. Ich baue zunächst nochmals das ganze Seil von unten an aus und entferne danach den Eisbrocken. Die Rampe wird aufgeräumt und wir fegen alles was nicht niet- und nagelfest ist hinunter. Danach schnell noch einen Spit gesetzt, um die Schlinge nicht wieder unter die Wasser-Sanduhr bauen zu müssen und dann wird das ganze Seil wieder eingehangen.
Dann geht es an die Vermessung. Wir messen am Vermessungsendpunkt in den linken Schluf, es folgen überwiegend enge Kluftbereiche. Frank zeichnet wie wild. - Stück für Stück beschäftigen wir uns so einige Stunden. Wir kommen bis zum unpassierbaren Endpunkt, dem tiefsten Punkt des gesamten Brillenschachtbereiches auf genau –100m. Dort beenden wir unsere Arbeit.



Einstieg Brillenschacht

Mittlerweile haben wir die gleiche Körpertemperatur wie die große Eissäule, so lassen wir den rechten Schluf, der hinunter ins Schneeloch führt einfach für das nächste Mal übrig!
Ganz aufgegessen ist der Bereich Brillenschacht damit aber noch nicht. Beispielsweise ist ein Schacht noch zu untersuchen, der Westschacht der eigentlich sehr vielversprechend aussieht und sich nicht dieser schrägen Kluft, in der man sich da unten im Brillenschacht befindet, anpasst. Er zieht interessanter Weise Richtung Westen. Mal sehen...
Um 16 Uhr sind wir wieder draussen und laufen ins Tal. Dabei zerfließen wir regelrecht in einer wirklich unausstehlichen Hitze, wie noch nie da oben erlebt. Am Pass Lueg gibt es dann das ersehnte Eis."

Die Sondertour bringt weitere 80m Neuland, so dass die Gesamtlänge nach dieser Tour bei 260m, die Tiefe bei –100m liegt.

Autor: Dirk
Fotos: Markus Findeiß


2006 Brillenschacht - Im Westen nichts Neues

Zeitraum: 07.07.2006
Teilnehmer: Amadeus E., Benjamin K., Steffen, Frank Schlöffel

Im Rahmen eines verlängerten Forschungswochenendes vom 6.-9.7.2006, bei welchen vor allem im Schneeloch viel geforscht wurde, kam es am 7.7 zu einer weiteren Vermessungstour in den Brillenschacht.
Steffen und ich hatten uns vorgenommen den Schneeloch-Anschluss zu vermessen. Das bereitete uns keine Schwierigkeiten, denn die enge Kluftspalte die zum Schneeloch runter zieht war mittlerweile eisfrei. Nach ca. 2 Stunden war die Sache erledigt und wir hatten weitere 80m im Sack.

Hautgang im Brillenschacht


Auf dem Weg nach draussen, stießen wir auf Ama und Beni, die nach der Erforschung eines kleinen unbekannten Schachts (Irrtumsschacht), mal schauen wollten was wir so machen...
So widmeten wir uns gemeinsam dem großen Hoffnungsträger des Brillenschachts, dem Westsschacht. Nach Seileinbau stellte sich heraus, dass nur Ama in der Lage war die am Einstieg sehr enge Schachtspalte zu befahren. Unten erreichte er eine kleine, nasse Eiskammer, von wo aus er über eine kurze Kletterstufe den Endpunkt erreichte. Das Wasser verschwindet in einem unpassierbar engen Spalt. Der Westen verschließt sich also weiter vor uns!



Nach wie vor, zuviel Eis!

Andere mögliche Fortsetzungen nach oben, waren aufgrund der noch vorhandenen Vereisung immer noch nicht erreichbar. So ging's hinaus!
Nach dieser Tour ist der Brillenschacht ca. 340m lang. Weiteres Neuland ist nur noch nach oben zu gewinnen, wenn der Eisstand dies zuläßt.

Autor: Frank Schlöffel
Fotos: Frank Schlöffel


2006 Brillenschacht - Die obere Etage

Zeitraum: 04-05.08.2006
Teilnehmer: Steffen, Frank Schlöffel

Einen Monat später steht die nächste Forschungstour an und wieder sollte es uns gelingen dem Brillenschacht weitere Geheimnisse zu entreissen.
Als Steffen und ich am Morgen des 4.8.2006 in den Brillenschacht einsteigen, ist unser Ziel eigentlich der obere Bereich des Schneelochs nahe der Harnischhalle, wo die Forschungen seit Wochen auf Hochtouren laufen.
Erwähnt werden muß, das mittlerweile fast jede Forschungstour ins Schneeloch über den Einstieg des Brillenschachts erfolgt. Besonders für die Forschungen im oberen Hauptgangsystem des Schneelochs hat man dadurch eine deutliche Zeitersparnis.
Im Brillenschacht stellen Steffen und ich fest, dass der Eisstand deutlich zurückgegangen ist. Einige letzte Fragezeichen könnten nun genauer untersucht werden. Da läßt man sich nicht zweimal bitten...
So wird erstmals die steil ansteigende Kluft, die sich westlich des Westschachts öffnet erklommen. Schon nach wenigen Metern die erste kleine Überraschung: ein Schacht bricht nach unten durch! Relativ schnell ist jedoch klar, dass dieser lediglich die geräumige Alternative zum engen Westschacht darstellt. Seileinbau und Befahrung bestätigen dies. Einige Messzüge hinunter gelegt und der Bereich ist abgeschlossen.



Parallelschacht zum Westschacht

Weiter geht es nun die steile Kluft in NW- Richtung hinauf, bis sich über unseren Köpfen zwei kleine Deckenschlote öffnen. Diese sind kletterbar und oben angekommen öffnet sich vor uns eine geräumige Röhre die nun wieder leicht fallend in SO- Richtung verläuft. Bald schon erreichen wir die ersten Abzweigungen:
- nach links zu einem Schachtabbruch, der wieder in den unterlagernden Hauptgang leitet,
- nach rechts in eine schöne Sandröhre die nach ca. 10m aber unpassierbar wird,
- geradeaus ist die Hauptfortsetzung: wir stehen in einem größeren Raum, in welchen aus dem Deckenbereich kräftig Tropfwasser fällt. Das Wasser verschwindet in einem engen Schacht, einer weiteren Verbindung zum unterlagernden Hauptgang. Am Ende der Halle erreichen wir rasch einen Sandschluf, mit kräftigen Luftzug. Nach wenigen Handgriffen ist dieser passierbar, durch enge Röhren geht es weiter. Wohin geht die Reise?

Oberen Etage des Brillenschachts


Durch die vielen Richtungswechsel der Röhren verlieren wir etwas die Orientierung...
Sehr unverhofft stehen wir auf einer etwa 6m breiten Plattform und blicken in einen gewaltigen Raum, dessen Boden ca. 10 bis 15m unter uns liegt. Die gegenüberliegende Wand ist mindestens 40m entfernt. Neuland? Leider nein! Wie die Datenauswertung ergeben wird, handelt es sich um die Harnischhalle im Schneeloch.
Ein Großteil der neu entdeckten oberen Brillenschacht- Etage wird von Steffen und mir noch am gleichen Tag vermessen, die Erforschung der Schächte und der Abschluß der Vermessung erfolgt am darauf folgenden Tag.
Der Brillenschacht ist nun etwa 420m lang.

Autor: Frank Schlöffel
Fotos: Frank Schlöffel


2006 Brillenschacht - Das Finale

Zeitraum: 06.10.2006
Teilnehmer: Jürgen Zottmann, Steffen, Frank Schlöffel

Nur zwei allerletzte Fragezeichen in der oberen Etage des Brillenschachts sind noch zu untersuchen. Im Rahmen eines verlängerten Forschungswochenendes sollen dafür am 6.10.2006 zwei Stunden abgezwackt werden.
Rasch erreichen Jürgen, Steffen und ich den Ausgangspunkt der Forschung:
- der erste offene Punkt, ein ausräumbarer Sandschluf ist rasch untersucht, kann zwar einige Meter verlängert werden, endet aber letztlich komplett verfüllt.
- das zweite Fragezeichen, ist eine möglicherweise machbare Querung an der Schacht- Plattform zur Harnischhalle, die eventuell eine Verbindung zu den Schlotbereichen der Harnischhalle ermöglichen könnte.
Doch schon bald erweist sich diese Spekulation als vollkommen abwegig. Letztlich kann hier nur ein weiterer Schachtabbruch in die Harnischhalle erreicht werden; die Kluft nach oben die möglicherweise tatsächlich in irgendwelche Überlagerungen der Harnischhalle führen könnte, wäre nur durch sehr aufwendiges Schlotdübeln zugänglich zu machen.
Also, Ende im Gelände! 21m konnten heute nochmals aus dem Brillenschacht herausgekitzelt werden.
Der Brillenschacht ist abgeschlossen, mit 441m Gesamtlänge und einer Tiefe von genau -100m.

Autor: Frank Schlöffel


Top   2005   Back